Ist das Arbeitsgedächtnis trainierbar – und wenn ja, wie (nachhaltig)?
Diese Frage beschäftigte mich seit geraumer Zeit, denn das Arbeitsgedächtnis spielt in Lernprozessen eine bedeutsame Rolle! Wenn es nicht optimal arbeitet, dann können neue Informationen nicht lange im Bewusstsein gehalten und auch nicht reibungslos im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden. Vor allem beim Erlernen des Schreibens, Rechnens oder einer Fremdsprache sowie beim Erfüllen von Arbeitsaufträgen, stellt ein nicht optimal funktionierendes Arbeitsgedächtnis für viele Schüler:innen eine großen Herausforderungen dar. Lernbegleiter:innen sind dann gefordert und benötigen hilfreiche Tipps und Übungen, um diese anbieten zu können.
Ich lud Anja Knaub und Sabine Sommerfeld zu einem öffentlichen Expertinnen-Talk in Zoom ein, um das Arbeitsgedächtnis aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Gemeinsam warfen wir einen Blick auf einige wissenschaftliche Erkenntnisse und bewährte Trainingsmethoden aus der Praxis.
‼️ HINWEIS ZUM VIDEO: Bei Min. 34:41 meint Anja, dass Kindern mit ADHS Dopamin verabreicht wird – sie meinte jedoch Methylphenidat.
WOFÜR IST DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS ZUSTÄNDIG?
Das Arbeitsgedächtnis ermöglicht die Fähigkeit, Informationen über kurze Zeiträume aktiv verfügbar zu halten und zu manipulieren. Es wird oft als mentaler Notizblock bezeichnet und ist entscheidend für Problemlösungen, Entscheidungsfindungen, Verhaltenssteuerung und Lernprozesse. Ein starkes Arbeitsgedächtnis ermöglicht es, Informationen zu organisieren, sich zu konzentrieren und neue Situationen zu meistern.
Beim Lernen, sei es beim Lösen von Matheaufgaben, beim Verstehen von Texten oder beim Merken von Informationen für Arbeitsaufträge, spielt ein gut funktionierendes Arbeitsgedächtnis eine entscheidende Rolle für die Ergebnisse der Aufgaben sowie deren Lernergebnisse. Es ermöglicht nicht nur das kurzfristige Behalten von Informationen, sondern auch deren Verbinden und Kombinieren mit Wissen im Langzeitgedächtnis sowie anderen Kontexten.
Wichtige Funktionen im Lernalltag
✴️ Merken von Informationen während des Unterrichts
✴️ Bearbeiten von Rechenaufgaben oder Vokabeln
✴️ Verknüpfen von neuem Wissen mit bereits vorhandenem Wissen
✴️ Fortsetzen von Aufgaben nach Unterbrechungen
Die Fähigkeit, Informationen zu speichern und zu verarbeiten, ist entscheidend für den schulischen und beruflichen Erfolg. Wenn das Arbeitsgedächtnis überlastet ist, kann dies die Lernfähigkeit erheblich beeinträchtigen.
HERAUSFORDERUNGEN BEIM LERNEN
Lernen verläuft nicht immer reibungslos. Viele Kinder und Jugendliche kämpfen mit Lernblockaden, deren eigentliche Ursache oft nicht erkannt und berücksichtigt wird. Das kann zu Fehldiagnosen und unnötigen Maßnahmen führen. Die Funktionstüchtigkeit des Arbeitsgedächtnisses ist bei uns Menschen individuell verschieden. Die einen verstehen, denken und kombinieren schnell, können sich jedoch nicht gut orientieren und strukturieren. Andere dagegen denken langsamer, erkennen jedoch Details wie auch Unterschiede sofort und prägen sich Wege und Orte mit Leichtigkeit ein.
Viele Faktoren, wie Stress, eine ungünstige Lernumgebung und emotionale Belastungen können die Funktion des Arbeitsgedächtnisses stark beeinträchtigen. Mehr dazu unten.
WIE GUT IST DEIN ARBEITSGEDÄCHTNIS?
Um das eigene Arbeitsgedächtnis zu testen, kann man einfache Übungen durchführen. Eine Möglichkeit besteht darin, sich eine Reihe von Buchstaben oder Zahlen einzuprägen und diese anschließend in der richtigen Reihenfolge wiederzugeben. Solche Tests können aufschlussreich sein und helfen, die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen.
So funktioniert der Test
- Merke dir eine Liste von Buchstaben oder Zahlen.
- Versuche, diese in der richtigen Reihenfolge wiederzugeben.
- Wiederhole die Übung mit unterschiedlichen Kombinationen, um dein Gedächtnis zu trainieren.
Die Ergebnisse können variieren, sind jedoch ein guter Indikator dafür, wie gut das Arbeitsgedächtnis funktioniert. Erwachsene schaffen in der Regel vier bis fünf Elemente, Fünfjährige im Durchschnitt zwei Elemente.
Der Test im Video ist aus dem Buch: „Wir sind intelligenter als wir denken: Das Arbeitsgedächtnis optimal nutzen“. Ich empfehle das Buch jedoch nur eingeschränkt, da ich die Schilderungen von Forschungsergebnissen fragwürdig halte.
EXEKUTIVE FUNKTIONEN UND IHRE ROLLE BEIM LERNEN
Exekutive Funktionen sind die kognitiven Fähigkeiten, die das Verhalten, Denken und die Emotionen steuern. Dazu gehören die Impulskontrolle (Inhibition), die kognitive Flexibilität und das Arbeitsgedächtnis. Diese Funktionen sind entscheidend für die Selbstregulation und das erfolgreiche Lernen.
Die drei Bereiche der exekutiven Funktionen
🔶 Impulskontrolle: Die Fähigkeit, impulsives Verhalten zu steuern und sich auf Aufgaben zu konzentrieren.
🔶 Kognitive Flexibilität: Die Fähigkeit, sich an neue Situationen anzupassen und Strategien zu wechseln.
🔶 Arbeitsgedächtnis: Die Fähigkeit, Informationen kurzfristig zu speichern und zu manipulieren.
Diese drei Bereiche arbeiten zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Ein gut funktionierendes Arbeitsgedächtnis unterstützt die Impulskontrolle und die kognitive Flexibilität, was wiederum das Lernen erleichtert.
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WAS STÖRT DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS?
Es gibt viele Faktoren, die das Arbeitsgedächtnis negativ beeinflussen können. Dazu gehören Stress, Schlafmangel, ungünstige Lernumgebungen und gesundheitliche Probleme. Wenn das Arbeitsgedächtnis überlastet ist, kann dies zu massiven Schwierigkeiten beim Lernen führen.
Herausforderungen und Störfaktoren für das Arbeitsgedächtnis
❌ Visuelle oder auditive Verarbeitungsstörungen
❌ Persistierende frühkindliche Reflexe
❌ Krankheit oder Nährstoffmangel
❌ Stress durch familiäre oder schulische Probleme
❌ Ungünstige Lernumgebungen, wie überfüllte Klassenzimmer
❌ Zeit- und Leistungsdruck
❌ Große Informationsmengen und Reizüberflutung
❌ Unklare und zu lange Aufgabenstellungen
❌ Fehlende Visualisierungen und individuelle Lernwege
❌ Fehlendes Priming (Lernvorbereitung)
TRANINGSIDEEN FÜR DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS?
Das Arbeitsgedächtnis kann gezielt trainiert werden, um die eigenen kognitiven mentalen Fähigkeiten zu verbessern. Es gibt Methoden und Übungen, die dabei helfen, das Gedächtnis zu stärken, die Informationsverarbeitung zu beschleunigen, die psychische Flexibilität zu erhöhen und Koodination zu verbessern.
✅ Gedächtnistraining mit gehirnfreundlichen Memostrategien
✅ Stilles Nachsprechen von Vokabeln oder Rechenaufgaben
✅ Multisensorisches Lernen, das verschiedene Sinne einbezieht
✅ Bewegungstraining mit Wahrnehmungs- und Kognitionsaufgaben
✅ Entspannungsverfahren
Diese Wege können nicht nur das Arbeitsgedächtnis verbessern, sondern auch das Lernen insgesamt erleichtern. Es ist jedoch wichtig, die Übungen regelmäßig durchzuführen, um langfristige Fortschritte zu erzielen.
EIN GEDÄCHTNIS-TRAINING UNTERSTÜTZT DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS
Ein Gedächtnistraining, wie z.B. unser MEMOLAND, beinhaltet arbeitsgedächtnisfreundliche Strategien. Aufgrund der mentalen Visualisierungen und Verortungen, können sich Zahlen, Daten und Faken um ein Vielfaches leichter eingeprägt werden. Besonders Kindern, die bereits wiederholt Misserfolge beim Lernen erlebten und wenig Zutrauen in ihre Fähigkeiten besitzen, profitieren enorm von einem Gedächtnistraining.
Das Buch umfasst mehrere Vorteile:
🟠 6 spannende Mitmachgeschichten
🟠 5 gehirnfreundliche Memostrategien
🟠 Perfektes, spielerisches Konzentrationstraining
🟠 Im Einzelsetting oder mit einer Gruppe durchführbar
🟠 Inklusive Muntermach-Übungen & Entspannungs-Pausen
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➡️ Mehr Infos zum Buch hier: MEMOLAND – ABENTEUER IN DER ZAUBERWELT DER GEDÄCHTNISTRICKS
DIE ROLLE VON BEWEGUNG UND LIFE KINETIK
Bewegung ist nicht nur wichtig für den Körper, sondern auch für das Gehirn. Studien zeigen, dass körperliche Aktivität die kognitive Leistung steigert und das Arbeitsgedächtnis verbessert. Anja Knaub , Life Kinetik-Trainerin, berichtet über diese innovative Methode und zeigt anhand einer Mitmach-Übung, wie Bewegungsübungen mit kognitiven und Wahrnehmungsaufgaben kombiniert werden.
Die gezielten Life Kinetik-Übungen fördern die Konnektivität zwischen verschiedenen Gehirnregionen und verbessern die geistige Flexibilität und Konzentrationsfähigkeit. Diese Verbesserung ist entscheidend für die Verarbeitung von Informationen und die Förderung des Arbeitsgedächtnisses. Die abwechslungsreichen, ungewöhnlichen und herausfordernden Bewegungsabläufe schaffen neue neuronale Vernetzungen im Gehirn, die sich positiv auf verschiedene Lernkompetenzen auswirken.
Anja bietet Life Kinetik-Fortbildungen, Visual- und Kognitions-Trainings sowie Neuroathletik- und Reflexintegrations-Trainings an. In ihrem Buch ‚Auf die Plätze, fertig, schlau!‘ hat sie viele wichtige Aspekte und Übungen zusammengetragen.
ENTSPANNUNG ALS SCHLÜSSEL ZUM LERNEN
Entspannung spielt eine zentrale Rolle für erfolgreiche Lernprozesse. Wenn der Körper und Geist entspannt sind, verbessert sich die Konzentration und die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten. Stress hingegen kann das Lernverhalten erheblich beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, regelmäßig Entspannungsübungen in den Alltag zu integrieren.
Techniken wie Atemübungen oder Meditation helfen, den Spiegel des Stresshormons Cortisol zu senken und das Gehirn in einen optimalen Zustand für das Lernen zu versetzen. Entspannung ermöglicht es, sich besser zu fokussieren und Informationen effektiver abzurufen. Ein entspannter Geist ist offener für neue Informationen und dadurch bereiter, diese zu verarbeiten.
STRESS UND SEINE AUSWIRKUNGEN AUF DAS LERNEN
Sabine Sommerfeld schildert eindrücklich, wie Stress die Lernfähigkeit erheblich beeinträchtigen kann. In stressigen Situationen wird Cortisol ausgeschüttet, das die Funktion des Hippocampus, einem an Gedächtnisprozessen beteiligten Bereichs des Gehirns, negativ beeinflusst. Dies führt zu Denkblockaden und erschwert den Zugang zu bereits gelernten Informationen.
Die Forschung zeigt, dass Kinder und Jugendliche besonders anfällig für Stress sind. Stressoren wie Lärm, Druck von Lehrern oder Eltern und das Gefühl, überfordert zu sein, können zu einer negativen Lernumgebung führen. Daher ist es entscheidend, Stress abzubauen und ein unterstützendes Umfeld zu schaffen.
Sabine bietet in ihrer HappyKids-Akademie eine Ausbildung zur Entspannungstherapeut:in an.
ACHTSAMKEIT UND DIE BEDEUTUNG FÜR DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS
Achtsamkeit ist eine effektive Technik, um das Arbeitsgedächtnis zu fördern. Durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen können Konzentration und Gedächtnisleistung verbessert werden. Achtsamkeit hilft, den Geist zu klären und die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu richten, was das Lernen erleichtert.
Studien zeigen, dass Achtsamkeitspraktiken die Gedächtnisleistung um bis zu 35 Prozent steigern können. Teilnehmer, die regelmäßig Achtsamkeitsübungen praktizieren, können sich im Durchschnitt mehr Informationen merken als zuvor. Dies ist besonders wichtig für Lernende, die in einer von Ablenkungen geprägten Umgebung arbeiten. Einige Schulen haben bereits Achtsamkeitsübungen in ihr Schulkonzept integrietr.
FAZIT
Die Ergebnisse zur Nachhaltigkeit eines speziellen Trainings, fällt in Studien unterschiedlich aus. Wie bei körperlichem Training scheint es auch beim Arbeitsgedächtnis entscheidend zu sein, regelmäßig zu üben.
Eine regelmäßige Praxis, sei es durch Life Kinetik, Entspannungsübungen oder Gedächtnistraining, sorgt dafür, dass die kognitiven Fähigkeiten erhalten bleiben und sich weiterentwickeln. Es ist wichtig, dass ein abwechslungsreiches Training in den Alltag integriert wird, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. So bleibt das Arbeitsgedächtnis fit und leistungsfähig. Schülerinnen und Schülern fällt schulisches Lernen dadurch erleichter, vor allem, wenn sie in einem Bereich mit Lernblockaden zu kämpfen haben.
QUELLE
Der Test im Video ist aus dem Buch: ‚Wir sind intelligenter, als wir denken: das Arbeitsgedächtnis optimal nutzen‘ von Tracy & Ross Alloway und Gabriele Herbst.
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